Ich dachte immer Netzneutralität sei ein schwierig zu vermittelndes Thema. Ich habe meinen Denkfehler gefunden. Aber erstmal ein kleines Intro, für diejenigen, die mit dem Begriff nichts anfangen können. Die anderen können das überspringen.

Was ist "Netzneutralität"?

Das ist ungefähr das, was wir heute haben. Also ein Internet in dem alle Daten, die über die Kupfer- und Glasfaser-Leitungen geschickt werden gleich behandelt werden. Man spricht bei dieser Art von Übertragung auch von Paketen.

Einer sendet ein Paket (z.b. eine Webseite)
Einer empfängt ein Paket (z.B. Du).
Und einer dazwischen kümmert sich um den Transport (z.B. Telekom).

Und ein Paket in dem eure Emails drin sind, ist für denjenigen, der die Transportwege bereitstellt, genau so viel wert, wie das Paket in dem eure YouTube-Videos oder Wikipedia oder Pornos oder Facebook oder mein Blog oder die Tweets ukrainischer Demonstranten drin sind. Alles sucht sich den schnellsten Weg vom Sender zum Empfänger.

Und was ist "nicht netzneutral"?

Das ist, wenn derjenige der eigentlich nur die Leitungen bereitstellt erst in die Pakete reinschaut, um dann selbst zu entscheiden was schneller, oder langsamer, oder gar nicht durchgelassen wird.

Warum sollte er das tun?

Ein Telekomunikationsanbieter könnte zum Beispiel YouTube, Google und mich fragen, ob wir nicht jeweils ein bisschen Kohle hergeben wollen, damit unsere Pakete ungebremst über die Leitungen gehen. Derjenige, der von diesen drei Beispielen nicht bezahlt, wird dann eben ausgebremst. Wo das hinführt wird sehr anschaulich in diesem Video erklärt.

Wo liegt das Problem?

Bei anderen Angeboten ist es doch auch so, dass man mehr bekommt, wenn man mehr bezahlt! Is doch logisch, oder?

Richtig. Aber hier geht es nicht um irgendein Spaß-Angebot! Es geht auch nicht nur um das, was ihr in eurem Browser seht. Es geht um die Infrastruktur für viel mehr. Infrastruktur für eure private Kommunikation, aber auch für die Arbeitsabläufe in Firmen, für den Unterricht in Schulen, für sogenannte intelligente Energiespar-Systeme (Smart-Homes), für die Weiterentwicklung von Politik, für die Organisation von Gemeinnützigkeit. Man nennt das auch »Kritische Infrastruktur«

[Absatz gelöscht] <- An dieser Stelle versuchte ich praktische Beispiele aufzuzählen, was natürlich Quatsch ist, denn da werde ich nie ein Ende finden.

Fazit

Um auf meinen Anfangssatz zurück zu kommen: Ich hatte immer wieder Probleme anderen Menschen zu erklären, warum Netzneutralität so wichtig ist. Und das lag alles daran, dass ich über eine Infrastruktur wie Wasser- und Stromversorgung sprach. Was ich übersehen habe ist, dass mein Gegenüber an ein Entertainment-Angebot dachte.

Glücklicherweise hat das EU-Parlament gerade beschlossen, dass sie eine Zukunft, wie in dem oben verlinkten Video dargestellt, nicht wollen. So gesehen kommt dieser Blogartikel ein paar Tage zu spät.

Was ich hiermit aber umbedingt loswerden wollte:
Wenn das nächste mal irgendjemand eure Infrastruktur angreift – ob durch ܜberwachung, Filterung, Zensur oder was auch immer – könntet ihr euch dann bitte genau so empören, wie wenn es um die Privatisierung von Wasser geht?
Danke